Friedrich Ephraim Kantor wurde am 16. September 1908 als zweites von drei Kindern in Wien geboren. Sein Vater stammte aus Böhmen, seine Mutter aus Ungarn. Bereits als Siebenjähriger trug er eigene Gedichte vor. Er besuchte das Wasa-Gymnasium inWien und ab dem 13. Lebensjahr das Smichover-Gymnasium, da seine Familie nach Prag übersiedelte. Er war ein begeisterter Fußballer und später erfolgreicher Wasserballer beim Sportverein „Hakoah“. 1926 erschienen erste Beiträge des Gymnasiasten in Zeitschriften. Die Matura bestand er nicht auf Anhieb und er musste sie ein Jahr später, 1928, wiederholen. Sein erster Roman, „Der Schüler Gerber hat absolviert“, erschienen beim Verlag Zsolnay 1930, entstand unter dem Namen Friedrich Torberg (aus KanTor und dem Mädchennamen seiner Mutter, Berg). Max Brod, der das Talent des jungen Friedrich erkannte, hatte das Manuskript ohne dessen Wissen an den Verlag geschickt. 1954 wurde der Roman, der so erfolgreich wurde, unter dem Titel „Der Schüler Gerber“ neu aufgelegt.
3 Semester studierte Torberg in Prag Philosophie und Rechtswissenschaft und ein Jahr lang arbeitete er beim „Leipziger Tageblatt“ als Volontär. 1932 erschien sein zweiter Roman, „ …und glauben, es wäre die Liebe“, für den er in Wien den Julius-Reich-Preis erhielt, auch wurde er in den Österreichischen PEN-Club aufgenommen. Friedrich Torberg war u.a. Mitarbeiter beim „Prager Tagblatt“, schrieb für die „Neue Rundschau“ und „Die Weltbühne“. Er pflegte Kontakte und Freundschaften mit zahlreichen Autoren und Dichtern, wie Egon Erwin Kisch, Alfred Polgar, Josef Roth, Hermann Broch, Robert Musil, Franz Werfel – das Kaffeehaus war bevorzugter Treffpunkt – in Prag, wie in Wien. Sein dritter Roman, „Die Mannschaft“ (1935), wurde nicht mehr bei Zsolnay, sondern von dem kleineren Verlag Julius Kittels Nachfolger in Mährisch-Ostrau herausgegeben. Der Roman „Abschied. Roman einer ersten Liebe“ (1937) erschien beim Humanitas Verlag Zürich.
Friedrich Torberg traf das von den Nationalsozialisten angeordnete Publikationsverbot wie viele andere jüdische Autoren, und die „Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums“, welche 1938 herausgegeben wurde, enthielt auch seinen Namen.
In der Nacht des „Anschlusses“, vom 11. auf den 12. März 1938, hielt sich Torberg gerade in Prag auf. Er emigrierte in die Schweiz. Über Frankreich, wo er sich zur tschechoslowakischen Exilarmee gemeldet hatte, die jedoch nicht zum Einsatz kam, erreichte er 1940 schließlich Portugal, von wo er per Schiff ins Exil in die USA gelangte. Er war einer von „Ten Outstanding German Anti-Nazi-Writers“ (darunter Franz Werfel, Alfred Polgar, Alfred Döblin, Heinrich Mann), die für ein Jahr auch finanziell unterstützt worden waren, jedoch keine wirklichen Aufträge erhielten. Torberg verbrachte 10 Jahre in den USA – nach Hollywood lebte er schließlich in New York, wo es ihm besser ging. Hier lernte er seine spätere Frau Marietta, eine Wienerin, kennen. Die gemeinsame Wohnung wurde bald zu einem beliebten Treffpunkt für aus Europa geflohene Künstler, wie etwa Hermann Broch, Carl Zuckmayer, Walter Slezak, Ernst Deutsch, Bruno Walter und Marlene Dietrich.
Während der Zeit der Emigration entstanden Drehbücher, Gedichte (z.B. „Sehnsucht nach Altaussee“), Essays und Novellen, „Mein ist die Rache“ und „Der letzte Ritt des Jockeys Matteo“ (posthum 1985) sowie die Romane „Hier bin ich, mein Vater“ (1948), „Die zweite Begegnung“ (1950) und „Auch das war Wien“ (posthum 1984).
Friedrich Torberg und seine ältere Schwester Ilse überlebten als Einzige seiner Familie die Naziherrschaft.
Im Oktober 1951 kehrte Torberg nach Österreich zurück. Er wohnte in Wien/Breitensee. Vorerst wurde er Mitarbeiter beim Rundfunksender „Rot-Weiß-Rot“ und beim „Wiener Kurier“, er arbeitete als Kulturkorrespondent für die „Neue Zeitung“ (Frankfurt) und später für die „Süddeutsche Zeitung“ (München). Zwischen 1954 und 1965 war er Mitherausgeber der kulturpolitischen Monatsschrift „Forum“.
Nach Herzmanovsky-Orlandos Tod gab Torberg dessen Werke, die er zum Teil überarbeitet hatte, heraus (1957 – 63). 1958 erschien Torbergs Gedichtsammlung „Lebenslied“.
Auch als Übersetzer aus dem Tschechischen und Englischen war er tätig. Besonders erfolgreich im deutschsprachigen Raum wurden seine Übersetzungen von Ephraim Kishons humorvollen Werken, die während der 1960er und 70er Jahre erschienen.
Theaterkritiken, Pamphlete, Parodien, Erzählungen, Essays wurden in diversen Sammelbänden herausgegeben.
Torbergs letzter Roman, „Süßkind von Trimberg“ (1972), hat die Lebensgeschichte des jüdischen Minnesängers, der in deutscher Sprache dichtete, zum Inhalt. Eine Geschichte, die ihn seit seiner Gymnasialzeit beschäftigt hatte.
Zu Torberg erfolgreichsten Büchern zählen „Die Tante Jolesch oder der Untergang des Abendlandes in Anekdoten“ (1975) sowie „Die Erben der Tante Jolesch“ (1978).
Lebenslang führte er zum Teil sehr intensive Briefwechsel mit vielen Persönlichkeiten seiner Zeit – von Hermann Broch und Max Brod über Alma Mahler-Werfel und Marlene Dietrich bis zu Carl Zuckmayer - welcher aus dem Nachlass in den Druck gelangte.
Friedrich Torberg erhielt, unter anderen, folgende Auszeichnungen:
Das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst, 1. Klasse, 1968.
Das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der BRD, 1968.
Die Ehrenmedaille der Stadt Wien in Gold, 1974.
Den Großen Österreichischen Staatspreis für Literatur, 1979.
Am 10. November 1979 starb Friedrich Torberg in Wien. Er bekam ein Ehrengrab am Wiener Zentralfriedhof, auf seinen Wunsch wurde er in der alten Israelitischen Abteilung beigesetzt.
In Altaussee wurde im „Literaturgarten“, beim Kur- und Amtshaus, ein Gedenkstein für Friedrich Torberg errichtet, auch ein Weg wurde nach ihm benannt. Eine Gedenktafel am Haus des früheren Cafe Fischer erinnert daran, dass er sich hier gerne aufgehalten hatte.
Friedrich Torberg und Altaussee:
Er war bereits als etwa 13-jähriger Bub zum ersten Mal mit seinen Eltern nach Altaussee gekommen, „ … und es war tatsächlich die Landschaft, die mich augenblicklich gefangen nahm.“ „Es könnte übrigens sein, dass meine literarischen Neigungen, die sich bei mir sehr frühzeitig zu Wort gemeldet haben, dort und damals einen entscheidenden Anstoß empfingen.“
Die Aufenthalte haben sich während der folgenden Jahre wiederholt. Torberg kannte Altaussee und seine Umgebung sehr gut, wie sein Gedicht „Sehnsucht nach Altaussee“ dokumentiert.
Später besuchte er Altaussee regelmäßig. Er bewohnte u.a. die Villa Königsgarten. Dies ist auch in der Zeichnung des italienischen Malers Bertolini festgehalten - Klaus Maria Brandauer, der später mit Friedrich Torberg befreundet war, schaut neugierig zum Fenster herein, wo sich neben Torberg, der an seinem Schreibtisch arbeitet, auch die Maler Karl von Binzer und Horst Jandl, die an ihren Bildern malen, im selben Raum befinden. Zu sehen im „Kuriositätenkabinett“ des Literaturmuseums.
Auch im alten Bauernhaus der Familie Wimmer, Fischerndorf Nr. 5, wohnte er für eine Zeit. Ab Anfang der 60er Jahre hatte er ein Stockwerk in der Villa Rath, Altaussee Nr. 63, gemietet.
„Aus meiner eigenen Schriftstellerzeit – die für mich noch in der Jugend begann, weiß ich, dass Hugo von Hofmannsthal und Leopold Andrian immer wieder nach Altaussee kamen, ihr Briefwechsel bezeugt es, dass Arthur Schnitzler und Fritz von Herzmanovsky-Orlando manchen Sommer hier verbrachten, dass Jakob Wassermann, den ich noch in seiner am See gelegenen Villa besucht habe, Altaussee als seine Wahlheimat ansah, und dass meine Freundschaft mit Hermann Broch, mit Robert Neumann und Gina Kaus sich an unseren gemeinsamen Altaussee-Sommern gefestigt und bereichert hat. Wir alle haben Altaussee so geliebt!
Wer nach Altaussee kommt, will nirgendshin als nach Altaussee und wollte er’s, so könnt’ er’s nicht. Altaussee ist ein Abschluss, ein krönender! Die Berge liegen nicht einfach um den See, sie umfassen und umhegen ihn, sie bilden beinahe eine Art Festung, in der man sich wohlig geborgen fühlt. Ich weiß genau, und dieser spontane Eindruck hat sich von meiner Kindheit bis in die heutige Zeit erhalten, dass es ein Gefühl der Zugehörigkeit und Geborgenheit war, das mir hier und nur hier zuteil wurde und das ich gemeint habe, als ich im amerikanischen Exil das Gedicht „Sehnsucht nach Altaussee“ schrieb und dann die folgende Strophe: „ Kulm und Kuppe noch die kleinen – hielten Wache rings ins Land. Aufwärts ragen grün und steinern, Moosberg, Loser, Trisselwand.“
Es war die rings ins Land gehaltene Wache, der ich mich als Knabe anheim gab und ich heute, als Siebzigjähriger, die wundersame Ruhe zuschreibe, die ich hier und nur hier für meine Arbeit finde.
Was ich sonst noch zu sagen und zu preisen wüsste: die selbstverständliche Ausgewogenheit der Landschaft, die Balance zwischen dem Pathos der Berge und der Sanftmut des Sees, die vornehme Distanz, mit der sich vom Gegenhorizont der Dachsteingletscher in die Kette aus Hängen und Gipfeln hereinhebt; bitte sehr, wir haben auch ewigen Schnee, wir machen nur kein Aufhebens davon. Tatsache ist, dass ich schon damals bei meiner Kindheitsbegegnung mit Altaussee und erst recht in den folgenden Jahren, als die Zukunftsträume der Heranwachsenden aufzuwuchern begannen – dass ich auf die Frage, was ich mir vom Leben wünsche, Erfolg und Ruhm, Reichtum und Ansehen, Titel und Rang oder was immer, nur eines geantwortet hätte: „ Ich möchte ein Haus in Altaussee haben!“ Nun soweit habe ich es nicht gebracht, aber ich habe immerhin in einem schönen, hügelaufwärts gelegenen Haus ein Stockwerk gemietet und kann mich nach Altaussee zurückziehen“.